Syrien ein Jahr nach dem Assad-Sturz Haben die Christen Grund zum Feiern? Befürchtete Gewaltausbrüche sind bei den Paraden zwar ausgeblieben. „Der Jahrestag vom Regimewechsel hat dennoch viele Ängste wieder aufflammen lassen“, sagt Missio-Partner Gerald Baumgartner, der als Jesuit in Aleppo lebt und arbeitet. Syrien sei wie ein Pulverfass. Abseits von den Gewaltausbrüchen, die es in die weltweiten Nachrichten geschafft haben, gebe es ständig irgendwo kleinere Spannungen. In einem Moment wähne man sich in Sicherheit – und eine Stunde später könne man wegen Schießereien das Haus nicht mehr verlassen. Eine Messe zum Christkönigsfest in Homs vor zwei Wochen habe er kurzfristig absagen müssen wegen der Ausgangssperre, die verhängt wurde, nachdem der Mord an einem Beduinen-Ehepaar Ausschreitungen gegenüber Alawiten ausgelöst hatte. Sehnsucht nach Frieden wird zur Weihnachtszeit schmerzlich spürbar „Aber, es gibt zumindest eine gewisse Hoffnung auf Hoffnung“, sagt Pater Gerald Baumgartner. Gerade jetzt, wo es auf Weihnachten zugehe, spüre er die große Sehnsucht der Menschen nach Stabilität und Frieden – und endlich wieder nach einem richtigen Weihnachtsfest. Letztes Jahr habe es das aufgrund der Angst frisch nach dem Regimewechsel nicht wirklich gegeben. Die Jesuiten versuchen deshalb beispielsweise mit Aktivitäten wie Chorgesang etwas Weihnachtsstimmung zu erzeugen und so die Hoffnung hochzuhalten. Die Jesuiten ermöglichen Gespräche zwischen Jugendlichen aus verfeindeten ethnischen und religiösen Gruppen Wirklich positiv sei, so Baumgartner, dass es seit etwa drei Monaten wieder ausreichend Strom gebe. Und, dass die Menschen keine Angst mehr hätten, offen zu reden. „Wir versuchen, dieses Momentum zu ergreifen“, sagt Pater Gerald. Der Orden versucht, kleine Gruppen von Alawiten, Drusen, Kurden, Christen und Sunniten zusammenzuführen und Dialog zu ermöglichen. „In ganz kleinen Gruppen schaffen wir das, trotzdem ist es ein langer, langer Weg.“ In seinen Predigten benutze er in letzter Zeit häufig das Bild vom Sauerteig. Der Anteil an Christen in der syrischen Bevölkerung ist in den letzten Jahren von zehn auf nur mehr zwei Prozent gesunken. „Gerade, weil wir kleiner werden, ist es umso wichtiger, dass wir uns nicht untereinander verschanzen, nur mit Christen zu tun haben, nicht mehr rausgehen und alle anderen hassen oder ablehnen“, sagt Pater Gerald. „Wir müssen präsent bleiben, und durch unsere Bereitschaft herausstechen, das Land wieder aufzubauen und eine nachhaltige Zukunft hier zu schaffen. Mit einem Priester unterwegs in Syrien Ein Team von Missio Österreich besuchte Pater Gerald im Oktober in Syrien. Die Geschichten der verbliebenen Christinnen und Christen werden in den kommenden Ausgaben des Missio-Magazins allewelt erzählt. Parallel dazu ermöglichen allewelt-Chefredakteur Christoph Lehermayr, Fotograf Simon Kupferschmied und Projektmanager David Scheidl auf YouTube einen Blick hinter die Kulissen dieses Besuchs. www.allewelt.at